BLAM! BLAM! Baller-baller: Baader-Meinhof reloaded.

Veranstaltung am 04.10.2008 / Der Baader Meinhof Komplex, derzeit in viel zu vielen Kinos
Baader Meinhof
Wenn ein „zeitgeschichtlicher Dokumentarfilm“ (BLAMM!) mit einem Trailer im Rambo-Terminator-Stil (RATATATATATA!) angekündigt wird und selbst Ex-RAFie Peter-Jürgen Boock im Radiointerview die unreflektierte Gewalt bemängelt, dann hätte ich eigentlich gewarnt sein müssen. Aber ach, der linksintellektuelle Bildungskanon …

Also habe ich nach dem Trailer auch den Film selbst angesehen. Den Unterschied aber zunächt gar nicht bemerkt: Hektische Schnittfolge (ZOSCH!), schmerzhaft übersteigerte Geräusche (RUMMS!) und Effektgewitter (BLAFF!) toben hier nämlich genau so ununterbrochen wie im Trailer – der einzige Unterschied ist, dass das Inferno diesmal eben 150 Minuten lang andauert.

Zusammengetragen – oder besser formuliert – zusammengeschossen wird so ziemlich die komplette bewegte Handlung aus Stefan Austs gleichnamigem Standardwerk. Dabei bleibt ob des enormen Massakrierungs-Arbeitspensums von Benno Ohnesorg (PENG!) bis Hanns Martin Schleyer (PAFF!, PAFF!, PAFF!) schlicht keine Zeit für irgendwelche Nachdenklichkeiten. Einzig Ulrike Meinhof bekommt anfangs einige Minuten zugebilligt, um so etwas wie den Ansatz eines Charakters zu entwickeln. Später wird dann aber auch ihre halbjährige Zermürbung in der Isolationszelle filmisch in der Texteinblendung „sechs Monate später“ zusammengefasst.

Was die Beteiligten auf beiden Seiten also zu ihrem blutigen Handeln treibt, wie ebenso unter den Terroristen wie bei Polizei und Sicherheitsbehörden die Hardliner gegen die Gemäßigten anrennen oder gar die Verstrickungen der beiden Seiten – z.B. durch den V-Mann Peter Urbach – das bleibt in der grell bebilderten Gewaltspirale total im Dunkeln.

Gegenüber anderen, noch grausigeren Splatter-Dokus ist immerhin positiv anzumerken, dass sich das filmische Gemetzel zumindest einigermaßen an die belegten Fakten hält. Aber das dürfte dem Duo Edel-Eichinger leicht gefallen sein, weil die Vorbilder ja zum Glück auch in der Wirklichkeit genug geballert und gefickt (laut Baader gilt ohnehin: „Ficken und Schießen sind ein Ding.“) haben, um einen marktgängigen Spielfilm voll zu bekommen.

Was also in der Summe herauskomt, ist eine mehrstündige Aktenzeichen-XY-Dauerrotation (und zwar ohne ein Atemholen mit Pausenclown Eduard). Allerdings hatte das Aktenzeichen immerhin den Anspruch, die niederen voyeuristischen Instinkte des Publikums für die Verbrechensaufklärung zu instrumentalisieren – eine Legitimation, die dem Edelschen Gemetzel eben fehlt. Deshalb fällt es dann besonders unangenehm auf, dass kein einziges der Terroropfer über der Rolle einer Schießbuden-Figur heraus kommt und auch die Mehrzahl der Terroristen nur als Kugelfang eingesetzt wird.

Es sei der Fairness halber erwähnt, dass die Besetzung (offenbar ein Cut&Paste aus dem Who’s Who des deutschen Films) durchweg hohe darstellerische Leistung abliefert. Aber was nützt das in diesem Fall?

Bleibt als letzte Hoffnung, dass dieser Film zumindest etwas Aufmerksamkeit auf die – ja heute wieder wirklich brandaktuelle – Diskussion über die Hintergründe des Terrorismus lenken wird. Er selbst kann dazu nämlich nichts, aber wirklich gar nichts beitragen.