Die Mischung macht’s: Mix-Show in Erding

Veranstaltung am 18. 10. 2008 – Mix-Show im Stadttheater Erding

Eine Stunde S-Bahn-Fahren bis zum Rauswurf am Prellbock, dann 20 Minuten zu Fuß durch ein gewerbesteuer-gesättigtes Kleinstadtidyll – die Anreise ins Stadttheater Erding ist nicht wirklich aufregend. Aber der Abend hat seinen Kitzel: Ich bin Teil einer „richtige“ Kabarett-Mix-Show mit Gage und Eintrittspreisen jenseits der 20-Euro-Schallmauer – das ist für mich als Adepten der etatlosen Poetry-Slam-Szene doch noch etwas besonderes.

Außerdem ergab eine Vorab-Internet-Schnellrecherche über meine Mit-Mixer ein beeindruckendes Fazit:

  • Murat Topal versammelt in seinen Referenzen fast alle mir bekannten Printmedien, einen renommierten Verlag, sämtliche Bühnen meines Kabaretthorizonts sowie Radio- und Fernsehstationen, von denen mir noch nicht einmal deren Existenz bewusst war. Er scheint also nicht nur reden, spielen und schreiben zu können, sondern gleichzeitig auch noch die Medienlandschaft im Auge zu behalten. Dass es ihm darüber hinaus auch gelang, aufgrund komödiantischen Erfolgs eine Freistellung vom Polizeidienst durchzusetzen zeugt von noch ganz anderen Talenten.
  • Detlef Winterberg hat in der Hälfte aller Varieté-Shows gastiert und in der anderen Hälfte die beteiligten Künstler gecoacht.
  • Fank Stoeger ist eigentlich Schlagzeuger bei Dieter-Thomas-Kuhn&Band und pflegt sein Solorepertoire in Plattenschrankgröße also nur aus Langeweile
  • Michael Dietmayr macht so ziemlich jeden Abend entweder Musik oder Moderation.

Puh … was werde ich da für Menschen treffen? Sehr nette, wie ich in der Gardrobe rasch feststelle. Dort wird ungezwungen geplaudert – Ex-Polizist Topal und Noch-Sozialarbeiter Dietmayr stellen fest, dass beider Ansätze der „Jugendpflege“ gar nicht so unterschiedlich sind und berichten von den eigenen Vaterfreuden; Stoegers Lebensgefährtin erzählt von Freud und Leid beziehungsbedingter Künstlerbegleitung. Und alle fallen gemeinsam über Kekse und Getränke her, die Agentin Birgit Steinbrecher in mütterlicher Fürsorge austeilt.

Auf der Bühne aber werden anschließend sämtliche spektakulären Homepage-Versprechen konsequent eingelöst: Detlef Winterberg brilliert mit Geschichten, Gestik und Geräuschen, tanzt, turnt und präsentiert schließlich auch noch ein Schattenspiel. Frank Stoeger spielt auf Zuruf die Lieblingshits des Publikums, Murat Topal fesselt den Saal mit seinen (vermutlich nicht einmal allzu stark satirisch überzeichneten) Berichten aus dem Berliner Polizeidienst – wo er mit Humor und (rein verbaler) Schlagfertigkeit sicherlich auch schon Großartiges geleistet hat. Dietmayr hält alles zusammen und singt ganz nebenbei auch noch charmant. Und ach ja, ich trage zwei Gedichte vor.

Bei allemdem bewundere ich eine bislang nie erlebte Professionalität: Es gibt eine Zeitplan, der auch von allen Künstlern genau eingehalten wird. So hat der Theaterbetreiber Peter Stienen noch Gelegenheit, Pizza zu spendieren, bevor das gemische Ensemble mitsamt Agentin satt & seelig im Schweinsgalopp zurück durch das ausgestorbene Idyll in die letzte S-Bahn spurtet.

P.S.: Eine Zeizungskritik gab es auch noch: