Veranstaltung am 24.10.2008 / Stadtbibliothek Nürnberg
Bibliotheksnacht der Stadtbibliothek Nürnberg – das klingt nach neonbeleuchteten Regalschluchten, in denen wasserglasige E-Lyriker gegen den Weltschmerz anflüstern. Tatsächlich übertrifft mein erster Eindruck sogar noch alle diesbezüglichen Angstbilder: ich finde eine menschenleere neon-röhrende Regal-Rodungsfläche vor, die vollflächig mit einer halben hundertschaft Ballermann-bewährter Plastikstühle gepflastert ist.
Aber der Veranstalter und Moderator Michael Jakob hat seine Hausaufgaben sauber erledigt: Als es schließlich losgeht, sind alle hässlichen Stühle mit anmutigen Menschen verdeckt und das Neonlicht zugunsten eines Scheinwerfers abgeklemmt, was für absolut unbibliothekarische Lebhaftigkeit sorgt.
Michl hat aber noch für eine zweite Überraschung vorbereitet: Er hat den Slam still und heimlich als Städte-Battle konzipiert. Franken (Nürnberg) sollen also im K.O.-System gegen Nichtfranken (München) antreten. Mich lost es an den letzten Platz der ersten Runde. Ein echtes Losglück, denn in jeder Ausscheidung geht konsequent der zuerst auftretende Poet K.O.. Felix Bonkes wundervoller Thalamus-Text wird von Nachfolgerin Clara Nielsen auf die Bretter geworfen; Miss Wortwahls erotisch-morbides Meeresgedicht unterliegt dem ihr folgenden Björn Dunne, Heiner Lange muss sich mit BEEP-komischer Fernsehsatire seinem Nachfolger Schlumpf geschlagen geben. Und ich schaffe als Zuletztslammer nach Tobias Ludolph den Einzug in die zweite Runde.
Die Räumt dann rasch mit der Landeshauptstadt auf: Die unfrankierten Björn (der als einziger an diesem Abend mit der Regel vom Sieg des Zweitgelosten bricht) und ich fliegen raus. Clara und Schlumpf machen das Battle als fränkischen Bürgerkrieg unter sich aus. Dort legt Schlumpf dann doch einmal die pechschwarze Maske ab und beginnt ein Wenig humoristisch zu funkeln. Aber Clara ist nach ihm dran und beweist noch ein letztes Mal die Regel der Zuletztgewinner.
Ach ja: Zwischen den K.O.s darf Jon Nielsen zweimal als Featured Artist auf die Bühne. Und kann dort zunächst mit Wortspielereien brillIEREN um schließlich in „Des Kaisers neue Kleider“ geschickt das Märchen und seine eigene Schriftstellerfigur zu verweben.
Mit jeweils einem „Was ist Was“ Buch-Trostpreis ziehen die Münchner gemeinsam Wunden leckend zurück ins heimische Dichterlager.